Smart Beta ETF:
Die eierlegende Wollmilchsau?


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Passiv investieren mit ETF: eine Erfolgsgeschichte

Knapp 8 Billionen Dollar wurden 2020 in ETF verwaltet und ein Ende des Booms ist nicht in Sicht. Warum auch fragt man sich, denn ein Exchange Trade Fund oder kurz ETF bietet alles, was es zum investieren benötigt: Eine sehr breite Streuung über ganze Finanzmärkte oder Regionen, sehr geringe Kosten und einen geringen Arbeitsaufwand. Dass man mit einem ETF auch gute Gewinne machen kann, zeigt z.B. der MSCI World, der seit 2009 333% Rendite erwirtschaften konnte.

Grundlagen des Investierens in ETF:

Dennoch ist ein ETF kein Anlageprodukt wie jedes andere, welches börslich gehandelt wird. Denn dieser Gewinn war nur möglich, wenn man sich an die Grundregeln gehalten hat, die für ein Investment mit ETF gelten.

  1. Passives Investment = Buy and hold
    Ein ETF ist ein Instrument, welches konstruiert wurde um einen Index, wie z.B. den DAX (Ab 3.9.2021 die 40 größten Unternehmen aus Deutschland), so exakt wie möglich abzubilden. Dieses Nachbilden ist ein passiver Akt, für den es keinerlei Fondsmanager bedarf. Das macht einen ETF gerade auf Kostenseite so attraktiv und ist somit ein rotes Tuch für jeden Fondsmanager und Anlageberater. Beginnt man mit einem ETF also aktiv zu traden, setzt man ihn seinem Wesen nach falsch ein. Einen ETF kauft man und lässt ihn im Depot liegen.
  2. Breite Streuung = Die Mischung macht’s    
    Mit einem ETF erwirbt man quasi einen Korb, in welchem alle Aktienwerte eines bestimmten Index abgebildet werden. Dieser Index kann groß sein, wie z.B. der MSCI World oder klein, wie der DAX. Bildet man mit seinem ETF Investment, die ganze Welt ab und achtet darauf, dass alle Branchen abgedeckt sein, partizipiert man von allen positiven Entwicklungen am Markt und kann dadurch negative Tendenzen wunderbar ausgleichen. Bei einem ETF Investment ist also die richtige Zusammensetzung entscheidend.

Hält man sich daran, sein Geld möglichst breit mit ETF zu streuen und sein Investment langfristig zu halten, dann ist ein Investment in ETF eine große Erfolgsgeschichte. Dieses Verhalten ist selbstverständlich ein rotes Tuch für jeden Fondsmanager, Bankberater und provisionsgesteuerten Anlageberater. Daher ist es nicht verwunderlich, dass der Finanzmarkt versucht, mit ETF auf die althergebrachte Art sein Geld zu verdienen.

Neuer Trend: Aktiv verwaltete ETF

Aktive ETF nennt man auch Smart-Beta ETF. Diese suchen im Index nach Marktanomalien, um diese auszunutzen. Die Finanzwissenschaft hat Regeln erarbeitet, um diese Anomalien am Markt zu finden. Diese werden heute auch Faktoren genannt. Die häufigsten Faktoren sind:

  1. Value
    Die Suche nach unterbewerteten Unternehmen
  2. Small Cap
    Die Suche nach dem nächsten Blue Chip wie Apple, Amazon, Microsoft, etc
  3. Momentum
    Unternehmen mit einem kurzfristig starken Kurswachstum
  4. Low Volatility
    Unternehmen mit historisch geringen Kursschwankungen

Smart-Beta-ETF vs Marktkapitalisierung
Ein klassischer ETF bildet einen Index in der Regel exakt der Marktkapitalisierung der enthaltenen Unternehmen in diesem Markt nach. Hat z.B. Adidas im Dax eine Marktkapitalisierung von 4,3%, dann gewichtet ein ETF auf den DAX Adidas genau mit 4,3% Anteil. Der einfachste aktive Ansatz eines Smart-Beta-ETF ist, diese Gewichtung zu verändern und nach eigenen Bewertungen zu gewichten. Eine weitere Alternative kann auch sein, nicht alle Werte zu nehmen, sondern nach Rosinen zu picken und schlechte Werte einfach nicht abzubilden.

Smart Beta Faktoren

Vorteile eines aktiven ETF

Anleger haben die Chance auf eine höhere Rendite. Die Rendite des Index ist nicht mehr der limitierende Faktor, sondern die Benchmark, die es zu schlagen gilt. Mit einem Smart-Beta-ETF ist es auch möglich aus einem großen Index, wie dem MSCI World ausschließlich die Unternehmen herauszufiltern, die modernen Nachhaltigkeitskriterien genügen. Dies ist bei einem klassisch abbildenden Index nicht möglich. In einem aktiven ETF kann der Fondsmanager auch versuchen, auf negative Marktsituationen zu reagieren und flexibel gegenzusteuern.

Nachteile eines aktiven ETF

Gibt es also die eierlegende Wollmilchsau in der Geldanlage? Betrachtet man die Nachteile, dann wird die Tendenz klar. Mit einem aktiven ETF packt man sich genau die Dinge in sein Portfolio, die man durch das Investieren in einen ETF eigentlich vermeiden will.

  1. Aktives Fondsmanagement
    Emotion schlägt Ratio. Menschen machen Fehler aus ganz unterschiedlichen Gründen. Sobald Dinge bewertet werden, besteht die Gefahr, dass man sich in der Bewertung irrt. Das Portfolio bekommt dadurch einen Unsicherheitsfaktor, der nicht kalkulierbar ist.
  2. Intransparenz
    Smart-Beta-Etf können in ihrer Konstruktion recht komplex sein. Die transparente Einfachheit der klassischen ETF geht damit verloren. Die Kursentwicklung ist nicht einfach am Index ablesbar sondern muss ähnlich einem aktiv gemanagtem Fonds akzeptiert werden.
  3. Kosten
    Ein großer Vorteil eines ETF ist die geringe Kostenstruktur. Diese kommt daher, dass kein teueres Fondsmanagement eingesetzt werden muss. Dieser Vorteil kann bei einem Smart-Beta-ETF verloren gehen. Aktives Management bedeutet Mehrkosten, was dazu führt, dass die Rendite nach Kosten geringer ausfällt.

Fazit:

Ein aktiver ETF ist zusammenfassend vergleichbar mit einem normalen aktiv gemanagten Fonds. Die Vorteile eines klassischen ETF fallen weg und die grundlegende Philosophie des Buy and Hold  wird aufgegeben. Wer in ETF investiert sollte dies tun, um langfristig Finanzmärkte abzubilden und  um an deren Entwicklung zu partizipieren. Smart-Beta-ETF haben Ihre Daseinsberechtigung, wenn man in Nischenmärkte investieren will oder besondere Faktoren in der Geldanlage berücksichtigen will, wie z.B. Nachhaltigkeit. Dieses aktive Eingreifen in die Märkte erhöht jedoch das Risiko und es besteht die Gefahr, teuer einzukaufen.

Karsten Matt Karsten Matt

Karsten Matt ist ein erfahrener Honorarberater und ETF-Experte mit über zwei Jahrzehnten Erfahrung in der Finanzbranche. Als stolzer Papa von Zillingen, begeisterter Weinliebhaber, Golfer und Fußballfan von SV Elversberg und Bayern München teilt er seine Leidenschaften auch als gefragter Speaker. Er berät Unternehmer, Mediziner, Profifußballer und vermögende Privatpersonen und unterstützt sie dabei, ihre finanziellen Ziele zu erreichen.

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