Generationenübergreifende Vermögensübertragung:
Der strategische Staffelstab


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Warum dieser Prozess mehr als nur Planung braucht

Vermögen weiterzugeben ist kein Akt wie das Ausfüllen eines Überweisungsformulars. Es ist ein tiefgreifender, oft emotionaler Prozess, der im Regelfall Jahre braucht. Wer heute sein Vermögen sichern und morgen in guten Händen wissen möchte, muss frühzeitig mehr tun als Testamente schreiben oder Steuerberater konsultieren.

Ein nachhaltiger Generationenwechsel basiert auf drei wesentlichen Dimensionen: einer fundierten rechtlich-steuerlichen Architektur, einer stabilen familiären Kommunikation und einer bewussten Vermittlung von Werten und Verantwortung.

1. Die drei Dimensionen der Vermögensübertragung

A. Juristisch und steuerlich: Das Fundament

Rechtliche und steuerliche Fragen bilden den äußeren Rahmen, innerhalb dessen sich die Vermögensübertragung bewegt. Dazu gehören u.a.:

  • Schenkungs- und Erbschaftssteuerfreibeträge (z. B. 400.000 € bei Kindern alle 10 Jahre),
  • die Frage nach dem idealen Zeitpunkt der Übertragung (z. B. frühzeitige Nutzung von Freibeträgen),
  • der Einsatz von Instrumenten wie Nießbrauch, Familiengesellschaften, Testamentsvollstreckung oder sogar Stiftungen,
  • internationale Fragestellungen bei Auslandsvermögen oder Wohnsitzwechsel.

Tipp: Rechtzeitig denken! Ein sinnvoll strukturierter Übergabeprozess kann nicht nur Steuern sparen, sondern auch für Klarheit und Frieden in der Familie sorgen. Und genau dieser Frieden ist oft das wertvollste Kapital.

B. Emotional und familiär: Die unterschätzte Herausforderung

Gerade bei Unternehmerfamilien geht es um mehr als Zahlen: Es geht um Verantwortung, Loyalität, Erwartungen und manchmal unausgesprochene Spannungen.

  • Sind die Kinder bereit, Verantwortung zu übernehmen?
  • Gibt es Geschwisterkonflikte oder unterschiedliche Lebensentwürfe?
  • Wie geht man mit Schwiegerkindern oder Patchwork-Familien um?

Ein strukturierter Vermögensübergang braucht daher offene Gespräche, Moderation und oft auch externe Begleitung, z. B. durch Family-Governance-Berater oder Mediatoren. Es geht nicht nur um Geld – sondern um Beziehungen.

C. Psychologisch und kulturell: Der Werte-Transfer

Geld ist nur das eine. Viel entscheidender ist: Welche Werte, welche Haltung, welches Selbstverständnis sollen mit dem Vermögen weitergegeben werden?

  • Was bedeutet es, wohlhabend zu sein – und was soll es für die Kinder bedeuten?
  • Welche Rolle spielt unternehmerisches Denken in der Familie?
  • Ist Verantwortung gegenüber Mitarbeitern, Gesellschaft oder Umwelt ein Teil des Familienethos?

Dieser Teil der Vermögensübertragung braucht keinen Notar, sondern Zeit, Gespräche, Vorbilder. Wer Kinder zu guten Erben machen will, muss ihnen das Erben nicht nur ermöglichen, sondern vorleben.

2. Vermögensübertragung ist kein Ereignis, sondern ein Prozess

Viele Familien machen den Fehler, zu spät zu beginnen – häufig erst dann, wenn erste gesundheitliche Einschränkungen auftreten. Dabei ist eine gelungene Vermögensnachfolge ein evolutionärer Prozess in mindestens fünf Phasen:

  • Phase 1: Standortbestimmung
    Was ist da? Wer soll was bekommen? Wo gibt es juristische, steuerliche oder familiäre Risiken?
  • Phase 2: Zielklärung
    Welche Ziele gibt es mit der Übertragung? Geht es um maximale Steueroptimierung, Fortführung eines Unternehmens, gleichmäßige Verteilung oder gezielte Förderung einzelner Kinder?
  • Phase 3: Konzeptentwicklung
    Jetzt wird es konkret: Gesellschaftsverträge, Stiftungssatzungen, Schenkungspläne, Familienverfassungen – aufeinander abgestimmt.
  • Phase 4: Einbindung der Nachfolger
    Langsamer Rollenwechsel: Die Nachfolger lernen, zunächst gemeinsam. Durch Beiratsmandate, Teilübertragungen, Schulungen, Mentoring.
  • Phase 5: Übergabe und Begleitung
    Wenn alles passt, wird das Staffelholz übergeben, aber der Unternehmer bleibt als Ratgeber präsent. Ein kluger Rückzug ist kein Abbruch, sondern ein Ritterschlag.

3. Kulturell und wertebasiert: Der oft unterschätzte Transfer

Die materielle Seite der Vermögensweitergabe ist sichtbar – die immaterielle dagegen oft umso wirkmächtiger. Der Transfer von Werten, Haltung und Unternehmergeist prägt das Denken und Handeln der nächsten Generation langfristig.

3.1 Vermögensbildung als Verantwortung

Erben bedeutet nicht nur Besitz, sondern auch Pflicht: gegenüber der Familie, den Mitarbeitern im Unternehmen, der Gesellschaft. Wer diese Verantwortung spürt und vorbereitet wird, handelt langfristiger und nachhaltiger – sei es in unternehmerischer, philanthropischer oder privater Hinsicht.

3.2 Familiensinn und Identität

Viele vermögende Familien entwickeln über die Generationen hinweg eine eigene Identität: mit Ritualen, Familienregeln oder sogar einer sogenannten Familienverfassung. Sie dokumentiert nicht nur Leitlinien der Vermögensführung, sondern auch gemeinsame Werte, Prinzipien und Zielbilder. Dies stärkt die Bindung über Generationen hinweg.

3.3 Bildung und Mentoring

Die nächste Generation wächst in einer anderen Realität auf – mit neuen Märkten, Technologien und globalen Dynamiken. Umso wichtiger ist eine gezielte finanzielle Bildung, Mentoring durch die ältere Generation und der Aufbau von Entscheidungskompetenz. So wird nicht nur Vermögen, sondern auch Urteilsfähigkeit vererbt.

Fazit

Die Vermögensübertragung in die nächste Generation verlangt nach mehr als juristischer Präzision oder steuerlicher Effizienz. Sie ist ein mehrjähriger Prozess, in dem Vertrauen, Dialog, Struktur und Werte im Mittelpunkt stehen. Wer diesen Prozess frühzeitig und bewusst gestaltet, schafft nicht nur Ordnung im Hier und Jetzt – sondern legt das Fundament für Stabilität, Wirkung und Identität über Generationen hinweg.

Karsten Matt Karsten Matt

Karsten Matt ist Honorarberater mit zwei Jahrzehnten Erfahrung in der finanziellen Beratung erfolgreicher Menschen. Als Papa von Zwillingen und Weinliebhaber bringt er nicht nur Professionalität, sondern auch Herz in seine Arbeit. Er ist begeisterter Fan von SV Elversberg und FC Bayern München und weiß, wie man mit Leidenschaft und Engagement Ziele erreicht. Als gefragter Speaker, teilt er sein umfangreiches Wissen und seine fundierten Einblicke in Finanzstrategien mit einem breiten Publikum.

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