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Der lange Kampf um Mittelmäßigkeit
Warum viele Anleger unterdurchschnittlich abschneiden – und wie sich das systematisch verbessern lässt
Überdurchschnittliche Rendite – kaum ein Begriff wird in der Welt der Geldanlage häufiger gebraucht. Dabei steht selten die Frage im Raum, auf wessen Kosten diese Rendite überhaupt möglich ist. Denn per Definition kann nicht jeder über dem Durchschnitt liegen. Und doch versuchen es die meisten – oft mit dem Ergebnis, dass sie nicht einmal den Durchschnitt erreichen.
Die Kraft des Durchschnitts – und warum er so schwer zu erreichen ist
Die durchschnittliche Marktrendite ist kein dürftiger Kompromiss, sondern ein bemerkenswert stabiles Fundament für den langfristigen Vermögensaufbau. Wer konsequent global investiert bleibt, realisiert über Jahrzehnte hinweg Renditen, die selbst anspruchsvolle Ziele möglich machen – ohne übermäßige Risiken einzugehen.
Doch das Erreichen dieser Durchschnittsrendite ist alles andere als trivial. Studien zeigen, dass die meisten Anleger trotz aller Absichten deutlich unterhalb des Marktniveaus abschneiden. So ergab eine Langzeitanalyse von Dalbar Inc., dass private Anleger in US-Aktienfonds durchschnittlich nur rund 4–5 % pro Jahr erzielten – während der breite Markt (z. B. der S&P 500) im selben Zeitraum etwa 9–10 % lieferte. Diese Differenz entsteht nicht durch Pech, sondern durch Muster.
Verhaltensfehler kosten Rendite
Die Behavioral-Finance-Forschung liefert seit Jahren belastbare Erklärungen für dieses Phänomen. Anleger reagieren emotional – und oft irrational. Zu den häufigsten Verhaltensfehlern gehören:
Verlustaversion: Verluste schmerzen stärker als Gewinne freuen. Das führt zu hektischen Verkäufen bei Kursrückgängen.
Selbstüberschätzung: Viele glauben, sie könnten den richtigen Zeitpunkt für Käufe und Verkäufe erkennen – eine teure Illusion.
Trendfolge: Aktuelle Entwicklungen werden überbewertet. Was zuletzt gut lief, wird gekauft – oft zu spät.
Herdenverhalten: Die Orientierung an der Masse vermittelt trügerische Sicherheit, aber selten bessere Ergebnisse.
Diese Effekte führen zu hektischem Handeln, zu hohen Kosten und – vor allem – zu Entscheidungen, die den langfristigen Vermögenszielen zuwiderlaufen.
Wissenschaftliche Faktoren statt Meinungen
Um den Durchschnitt des Marktes überhaupt zu erreichen – und über längere Zeiträume strukturell darüber hinauszuwachsen –, braucht es einen evidenzbasierten Ansatz. Solche Strategien verzichten auf Prognosen und setzen auf empirisch belegte Renditefaktoren, die langfristig stabile Ertragsquellen darstellen:
Größe (Size): Kleine Unternehmen haben historisch höhere Renditen erzielt – unter anderem aufgrund ihres höheren Risikos und geringerer Marktabdeckung.
Bewertung (Value): Günstig bewertete Unternehmen schneiden über Zeiträume hinweg oft besser ab als teure Wachstumswerte.
Profitabilität (Profitability): Firmen mit hoher operativer Ertragskraft belohnen Investoren mit attraktiven Renditen.
Momentum: Kursstärke kann kurzfristig ein Indikator für anhaltende Entwicklungen sein – sofern kontrolliert und regelbasiert eingesetzt.
Diese Faktoren sind keine Modeerscheinungen, sondern robust über Jahrzehnte, Märkte und Regionen hinweg. Wer sie gezielt ins Portfolio integriert – unter Wahrung von Diversifikation, Kosteneffizienz und Disziplin –, erhöht die Chancen, nicht nur den Markt, sondern auch den typischen Anleger zu übertreffen.
Der strategische Ausstieg aus der Unterdurchschnittlichkeit
Es geht nicht darum, durch Spekulation oder besondere Intuition außergewöhnliche Renditen zu erzielen. Es geht darum, die systematischen Fehler zu vermeiden, die so viele zurückwerfen. Und um ein Portfolio, das konsequent auf das ausgerichtet ist, was wirklich funktioniert: Märkte, Faktoren, Struktur – statt Geschichten, Meinung und Emotion.
Der eigentliche Wettbewerb an den Kapitalmärkten ist nicht der gegen andere – sondern der gegen das eigene Verhalten. Wer diesen Kampf nicht allein führt, sondern mit einem klaren Plan und belastbaren Prinzipien, braucht keine Versprechen. Nur Geduld, Klarheit und eine konsequente Umsetzung.
Denn mittelmäßiges Verhalten ist weit verbreitet. Der Markt verzeiht das selten. Aber exzellente Struktur lässt sich lernen – und dauerhaft leben.

Karsten Matt ist Honorarberater mit zwei Jahrzehnten Erfahrung in der finanziellen Beratung erfolgreicher Menschen. Als Papa von Zwillingen und Weinliebhaber bringt er nicht nur Professionalität, sondern auch Herz in seine Arbeit. Er ist begeisterter Fan von SV Elversberg und FC Bayern München und weiß, wie man mit Leidenschaft und Engagement Ziele erreicht. Als gefragter Speaker, teilt er sein umfangreiches Wissen und seine fundierten Einblicke in Finanzstrategien mit einem breiten Publikum.