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Die Mandantin, eine erfolgreiche Unternehmerin, kontaktierte mich kürzlich mit einer dringenden Bitte um Unterstützung bei der Anlage eines Teiles ihres Vermögens von 800.000€. Sie plant, noch zehn Jahre zu arbeiten und danach in den Ruhestand zu gehen. Ihr Ziel ist es, ihre Rente mit monatlichen Entnahmen von ca. 1.500€ aus dem angelegten Kapital aufzubessern. Aktuell fühlt sie sich jedoch von ihrer Hausbank und verschiedenen Versicherungsmaklern unter Druck gesetzt und ist unsicher, welches Angebot für sie das richtige ist.
Ziele und Anliegen der Mandantin
Während unseres Treffens erläuterte die Mandantin ihre finanziellen Ziele und Bedenken. Ihr Hauptziel ist es, in zehn Jahren eine zusätzliche monatliche Rente von 1.500€ aus ihrem angesparten Kapital zu beziehen. Sie ist jedoch besorgt darüber, ob die Angebote ihrer Bank und der Versicherungsunternehmen tatsächlich in ihrem besten Interesse sind, da keine detaillierten Berechnungen vorliegen, ob das Geld langfristig ausreicht.
Die ihr vorgeschlagenen Optionen:
1. Aufgeschobene Rente: Eine Versicherung mit aufgeschobener Rente, die regelmäßige Auszahlungen ab einem bestimmten Alter garantiert.
2. Immobilieninvestition: Der Erwerb einer Immobilie, um durch Mieteinnahmen regelmäßige Einkünfte zu erzielen.
3. Vermögensverwaltung bei der Hausbank: Ein aktiv verwaltetes Portfolio durch die Hausbank.
Berechnung der Kapitalentwicklung
Um Klarheit zu schaffen, berechnete ich zunächst, wie sich die 800.000€ über die nächsten zehn Jahre entwickeln könnten, wenn sie mit einer durchschnittlichen Rendite von 5% angelegt würden.
Das bedeutet, dass die Mandantin bei einer jährlichen Rendite von 5% nach zehn Jahren ein Kapital von ungefähr 1.303.000€ zur Verfügung hätte.
Erklärung der 4%-Regel
Anschließend erläuterte ich die 4%-Regel, eine bewährte Methode zur Bestimmung einer nachhaltigen Entnahmestrategie im Ruhestand. Die 4%-Regel besagt, dass man jährlich 4% des Anfangskapitals entnehmen kann, ohne das Risiko einzugehen, dass das Geld vorzeitig aufgebraucht wird. Für die Mandantin bedeutet dies:
Diese Berechnung zeigt, dass die Mandantin mit einer jährlichen Entnahme von 4% ihre Zielvorgabe von 1.500€ monatlich problemlos erreichen kann. Tatsächlich könnte sie sogar bis zu 4.343€ monatlich entnehmen, was ihr eine erhebliche finanzielle Flexibilität bietet.
Monte Carlo Simulation
Um die Nachhaltigkeit dieser Entnahmestrategie zu überprüfen, führten wir eine Monte Carlo Simulation durch. Diese Simulation berücksichtigt verschiedene Marktszenarien und Schwankungen, um die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, dass das Kapital langfristig ausreicht.
Die Monte Carlo Simulation ergab, dass bei einer gemäßigten ETF-Portfoliostruktur, die aus einer Mischung von Aktien und Anleihen besteht, eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass das Kapital auch bei monatlichen Entnahmen von 1.500€ über die gesamte Rentenphase hinweg nicht aufgebraucht wird. Dies gibt der Mandantin zusätzliche Sicherheit, dass ihre Entnahmestrategie robust ist, selbst in volatilen Marktphasen.
Änderung des Ruhestandsplans: Drei Jahre früher aufhören zu arbeiten
Die Mandantin fragte auch, was passieren würde, wenn sie drei Jahre früher, also in sieben statt in zehn Jahren, in den Ruhestand gehen möchte. Hierbei ergeben sich folgende Änderungen:
1. Kürzere Ansparphase:
– Die Ansparphase würde sich von zehn auf sieben Jahre verkürzen. Dadurch reduziert sich die Zeit, in der das Kapital wachsen kann.
2. Berechnung der Kapitalentwicklung bei 5% Rendite für sieben Jahre:
Das bedeutet, dass die Mandantin bei einer jährlichen Rendite von 5% nach sieben Jahren ein Kapital von ungefähr 1.126.000€ zur Verfügung hätte.
3. Angepasste 4%-Regel für früheren Ruhestand:
Auch bei einer kürzeren Ansparphase würde die Mandantin ihre Zielvorgabe von 1.500€ monatlich problemlos erreichen können. Selbst mit 3.753€ monatlicher Entnahme bleibt sie im sicheren Bereich.
Was passiert, wenn weniger Geld entnommen wird?
Sollte die Mandantin sich dazu entscheiden, weniger als die möglichen 4.343€ monatlich zu entnehmen, würde das verbleibende Kapital weiterhin investiert bleiben und weiter wachsen. Dies könnte folgende Vorteile haben:
1. Erhöhtes Kapital für unvorhergesehene Ausgaben: Falls sie weniger entnimmt, bleibt mehr Kapital verfügbar, das für unerwartete Ausgaben oder größere Investitionen genutzt werden kann.
2. Längere Haltbarkeit des Kapitals: Durch geringere Entnahmen wird das Kapital langsamer aufgezehrt, was die finanzielle Sicherheit und Stabilität im Ruhestand weiter erhöht.
3. Potentiell höhere Erträge durch Zinseszinseffekte: Das verbleibende Kapital könnte weiterhin Renditen erwirtschaften, was zu einem langfristigen Wachstum führt und ihre finanzielle Position noch stärker macht.
Was passiert, wenn mehr Geld entnommen wird?
Sollte die Mandantin sich dazu entscheiden, statt der geplanten 1.500€ monatlich 3.000€ monatlich zu entnehmen, ergeben sich daraus folgende Szenarien:
1. Höhere Entnahmen reduzieren das Kapitalwachstum:
– Wenn die Mandantin 3.000€ monatlich (36.000€ jährlich) entnimmt, wächst das Kapital langsamer, da mehr Geld aus dem Portfolio entnommen wird.
2. Berechnung des Kapitalwachstums:
– Nehmen wir an, die Mandantin entnimmt 36.000€ jährlich. Trotz der Entnahmen könnte das Kapital durch die jährliche 5%-Rendite weiterhin wachsen, jedoch langsamer. Eine vereinfachte Berechnung könnte so aussehen:
– Diese Berechnung zeigt, dass das Kapital trotz der Entnahmen weiterhin wächst, jedoch langsamer als mit geringeren Entnahmen. Langfristig führt die fortgesetzte Entnahme von 3.000€ monatlich dazu, dass das Kapitalwachstum reduziert wird.
Risiken und Probleme bei den vorgeschlagenen Optionen
Ein wesentlicher Aspekt meiner Beratung war, die Mandantin auf die Risiken und Probleme hinzuweisen, die mit den Angeboten ihrer Bank und der Versicherungsunternehmen verbunden sind:
1. Aufgeschobene Rente:
–Hohe Gebühren: Versicherungsprodukte haben oft hohe Verwaltungs- und Abschlussgebühren.
–Wenig Flexibilität: Einmal abgeschlossen, bieten diese Produkte wenig Flexibilität und sind schwer kündbar.
2. Immobilieninvestition:
–Marktrisiko: Der Immobilienmarkt kann Schwankungen unterliegen, und Mietausfälle sind möglich.
–Verwaltungsaufwand: Der Besitz und die Verwaltung einer Immobilie erfordern Zeit und Aufwand.
3. Vermögensverwaltung bei der Hausbank:
–Hohe Verwaltungskosten: Die aktiv verwalteten Portfolios der Banken haben oft hohe Verwaltungs- und Performancegebühren.
–Interessenkonflikte: Banken könnten dazu neigen, Produkte zu empfehlen, die für sie profitabler sind, jedoch nicht unbedingt im besten Interesse der Mandantin liegen.
Empfohlene Anlagestrategie
Auf Basis dieser Informationen empfahl ich der Mandantin, die 800.000€ in ein gemäßigtes ETF-Portfolio zu investieren. Ein solches Portfolio, das sowohl Aktien als auch Anleihen enthält, bietet eine gute Balance zwischen Risiko und Ertrag und ermöglicht eine breite Diversifikation. Diese Anlagestrategie minimiert das Risiko von Verlusten und maximiert gleichzeitig das Wachstumspotenzial des Kapitals.
Zusätzlich betonte ich die Bedeutung regelmäßiger Überprüfungen des Portfolios und der Anlagestrategie, um sicherzustellen, dass sie weiterhin ihren finanziellen Zielen entspricht und rechtzeitig angepasst werden kann.
Planung der Vererbung
Nachdem wir die Ruhestandsplanung und die optimale Anlagestrategie besprochen hatten und sie erkannte, dass sie das Geld gar nicht verzehren würde, wandten wir uns dem Thema Vererbung zu. Die Mandantin hat zwei Kinder, die sie in ihrer Nachlassplanung berücksichtigen möchte. Wir besprachen verschiedene Strategien, um sicherzustellen, dass ihr Vermögen effektiv und steuergünstig an ihre Kinder weitergegeben wird.
1. Testament und Nachlassplanung: Wir erörterten die Bedeutung eines klar formulierten Testaments, um sicherzustellen, dass ihre Wünsche bezüglich der Verteilung des Vermögens nach ihrem Tod eindeutig festgehalten sind.
2. Steuerliche Aspekte: Wir besprachen, wie Schenkungen zu Lebzeiten genutzt werden können, um die Steuerbelastung für ihre Kinder zu minimieren. Hierbei können jährliche Schenkungen innerhalb der steuerlichen Freibeträge genutzt werden, um das Vermögen sukzessive zu übertragen.
3. Expertennetzwerk: Die Ausarbeitungen und Umsetzungen erfolgten mit einem spezialisierten Fachanwalt für Erbrecht und einem qualifizierten Steuerberater.
Die Mandantin zeigte sich erleichtert über die klare und fundierte Empfehlung und bedankte sich für die umfassende und transparente Beratung. Gemeinsam legten wir den Grundstein für eine erfolgreiche und sorgenfreie finanzielle Zukunft im Ruhestand sowie eine wohlüberlegte Nachlassplanung, die ihre Kinder berücksichtigt.
Karsten Matt ist Honorarberater mit zwei Jahrzehnten Erfahrung in der finanziellen Beratung erfolgreicher Menschen. Als Papa von Zwillingen und Weinliebhaber bringt er nicht nur Professionalität, sondern auch Herz in seine Arbeit. Er ist begeisterter Fan von SV Elversberg und FC Bayern München und weiß, wie man mit Leidenschaft und Engagement Ziele erreicht. Als gefragter Speaker, teilt er sein umfangreiches Wissen und seine fundierten Einblicke in Finanzstrategien mit einem breiten Publikum.